Die Geschichte der Skulpturen des 10. Internationales Bildhauersmyposions.

Auf dieser Seite erfährst du mehr über die Materialien der Skulpturen, ihre Geschichten und zu den Gedanken der fünf Künstler*innen. 

Virus von Michaela Biet

Material: Sandstein / Eisenguss
Abmessungen: H 1,90 Meter, L 2,00 Meter, B 1,90 Meter
Standort: Fraunhofer Institut, 67663Kaiserslautern
Geodaten: 49°25'53.8"N 7°45'09.0"E

Der Sandsteinblock, aus dem die Skulptur Virus von Michaela Biet herausgeschält wurde, hatte ein Ausgangsgewicht von vier Tonnen. Nach der Bearbeitung mit Trennscheibe, Meißel und Pressluftpistole sind etwa drei Tonnen gestalteten Steins übrig. Es ist ein über und über mit Beulen und Buckeln versehenes Rund entstanden, das auf drei Füßchen zu stehen kommt. In jeder Erhebung der Sandsteingrundform steckt nämlich eine spitzige Stahlstange, auf den unteren drei ruht somit die Skulptur.

 

Für die Nürnbergerin ist dies eine Reminiszenz an eine der bildhauerischen Grundfragen: dem Verhältnis von Tragen und Lasten. Inhaltlich ist die Arbeit angeregt von den Urformen des Lebens, von Zellteilung, Chromosomen, aber auch von Bakterien und Viren. Michaela Biet ist bei allem Unheil, das Viren anrichten können, fasziniert von der schlichten Ästhetik in ihrem Aussehen. Dennoch entscheidet sich die Künstlerin, die Gefährlichkeit der infektiösen Partikeln mit aggressiven Spitzen zu versehen, die hier die Ausstülpungen in der Virushülle darstellen. 

So winzig die Krankheitserreger auch sein mögen, manche von ihnen haben eine fulminante Wirkung. Diesem Faktum trägt Michaela Biet sicherlich mit ihrer Umsetzung in Stein Rechnung. Die Vergrößerung um ein Vielfaches gibt der Urform außerdem so etwas wie einen neuen Status: fast wie ein Mahnmal präsentiert sich Virus und lässt den Betrachter auch an die Unbezwingbarkeit mancher Viruserkrankung denken. 

Text von Dr. Claudia Gross

Animated Stone - Agnessa Petrova

Material: Sandstein
Abmessungen: H 1,40 Meter, L 3,50 Meter, B 1,30 Meter
Standort: 67685 Weilerbach
Geodaten: 49°28'47.8"N 7°37'16.0"E

Wie ein Gymnastikband aus Sandstein, das man schwingt, wirbelt und schüttelt, sieht die Skulptur Animated Stone aus. In erst größeren und dann immer kleiner werdenden Wellen gleicht sie einer fließenden Bewegung. Immer wieder hat Agnessa Petrova in der Vergangenheit Steine so in Wellenform gebracht und stellt sich dieses Mal der Herausforderung, diese schwebende Leichtigkeit in Schweinstaler Sandstein umzusetzen.

Neben figurativen Arbeiten ist der Malerin und Bildhauerin die organische Abstraktion wichtig. Diese spezielle Art schöpferischer Gestaltung entdeckt man, so ist sich Agnessa Petrova sicher, in unterschiedlichen Formen oder Ausformungen in der Natur – und in ihrem  Falle sind es eben Wellenformen, die sie in wogenden Steinen festhält. 

Während des langsamen Entstehungsprozesses der Skulptur reflektiert die Bulgarin die Geschichte des Steins. Im Falle von Sandstein sind das die verschiedenen Schichten aus Sedimenten, die sich im Laufe der Zeit übereinander abgelagert und verdichtet haben. Nach eigenen Aussagen haucht sie dem leblosen Stein wie bei einer Art Wiederauferstehung aus dem Erdboden abermals Leben ein. Diese wird in dem sanften, weichen Schlängeln und Schweben des Steins sichtbar.

Leben bedeutet aber auch die Nutzung der Skulptur nach der Aufstellung, die Interaktion, wenn sich Menschen auf den mehrfach geschwungenen Stein setzen, legen oder stellen. 

Text von Dr. Claudia Gross

Share happiness - Hiroyuki Asakawa

Material: Sandstein
Abmessungen: zwei Objekte, je D 1,80 Meter, T 0,65 Meter
Abstand 20,00 Meter
Standort: Villa Denis, 67468 Frankenstein-Diemerstein
Geodaten: 49°26' 37.8"N 7°57'43 .5"E

Kaum etwas ist vergänglicher als das gesprochene Wort – und zugleich hat kaum etwas mehr Gewicht. Das Wort verbindet Menschen, sorgt für Austausch, Verstehen und ein Miteinander – und das seit jeher. Das gesprochene Wort ist älter als die Schrift und hat sich in jeder Kultur entwickelt. 

Der japanische Künstler Hiroyuki Asakawa hat anlässlich des aktuellen Bildhauersymposiums die Bedeutung des Wortes in Stein gemeißelt: Mit seiner Skulptur, dem Stone Phone, will er dem Gespräch ein Denkmal setzen. »Würden wir
mehr miteinander sprechen und einander besser zuhören, gäbe es weniger Probleme in der Welt«, ist er sicher, und: »In der digitalen Welt teilen wir ständig irgendwas. Dann lasst uns auch in der realen Welt etwas miteinander teilen: unsere Freude.« So seine Überlegungen zum Thema seiner Skulptur Share Happiness. 

In kleinerem Maßstab hat Asakawa das Stone Phone bereits drei Mal realisiert. Die Pfälzer Variante ist in ihren Dimensionen die größte. Das Werk besteht aus zwei kreisrunden Elementen im Durchmesser 180 cm, 65 cm tief. Zur Schaffung der paraboliden Fläche (Asakawa: y=(1/320)x²-20) hat der Künstler genau berechnete Bohrlöcher auf die Innenseite der Blöcke gesetzt, die es ermöglichten, exakte Paraboloide heraus zu arbeiten. Um funktionieren zu können, müssen die beiden Teile sich ebenerdig exakt in gleicher Höhe gegenüber stehen. Die zueinander stehenden Flächen haben je Paraboloid eine Tiefe von 20 cm, der Fokus befindet sich jeweils in einer Entfernung von 80 cm zum tiefsten Punkt der Innenfläche. Die beiden Teile der Skulptur werden in einem Abstand von rund 20 Meter aufgestellt. So kann sein Stone Phone zur Sprachübertragung genutzt werden. 

 Hiroyuki Asakawa arbeitet fast ausschließlich mit Stein, ihn fasziniert das Material: »Es begleitet uns seit jeher, seit Tausenden von Jahren nutzt der Mensch den Stein.« Doch nie ist es der Stein allein, den Asakawa in seinen Kunstwerken in Szene setzen will. »Ein Kunstwerk wird erst im Zusammenspiel mit dem Menschen komplett«, so der Künstler, »es erhält seinen Sinn, indem der Mensch es nutzen kann.« Auch das Stone Phone wird – wie jedes andere Telefon – erst seinen Sinn erhalten, wenn die Menschen es nutzen, um miteinander zu sprechen.


Text von Sabine Michels

Ohne Titel (Echo) - Ekkehard Neumann

Material: Eisen, geschweißt / Farbe
Abmessungen: zwei Objekte, H 1,10 Meter, L 2,00 Meter, B 2,20 Meter
Abstand 5,00 Meter
Standort: 67685 Weilerbach
Geodaten: 49°29'17.9"N 7°38'59.7"E

»...wir ahnten es, dass uns diese Dinge hier an diesem Ort und in dieser Weise eines Tages erwarten.« dieser Satz von dem Münsteraner Bildhauer Ekkehard Neumann könnte das Motto seines Arbeitsansatzes sein. An seinem Arbeitsplatz im Schweinstal in einer Arbeitspause: ein Stahlsegment seiner Arbeit Echo liegt geschnitten und geschweißt zur weiteren Bearbeitung bereit.

Ein kleines Modell veranschaulicht die geplante Aufstellung im Außenraum. Ganz lapidar, wie schon immer dagewesen, liegen sich die zwei gleichartigen Bodenfaltungen in einem Abstand von etwa fünf Metern gegenüber. Verschweißte Stahlplattensegmente, in RAL-Farben grau und rot gespritzt, ohne ein erkennbares Zeichen einer künstlerischen Handschrift in Form von Duktus oder individuell gestalteter Oberfläche. Hier bleibt Neumann ganz der Konkreten Kunst verbunden.

Jedoch arbeitet er in den letzten Jahren nicht mehr so streng nach dem konkreten geometrischen Kanon; mit der Gelassenheit langjähriger Erfahrung hat er sich aus allzu rigorosen Formzwängen befreit, lässt die Formen fast spielerisch erscheinen. Geblieben ist jedoch das Interesse an Maßverhältnissen und formalen Ordnungen, die vielen Kulturen aus verschiedensten Kontinenten und Zeiten gemeinsam sind. 

Die Arbeit Echo lädt den Betrachter ein, sich mit den beiden Körpern im Raum in Beziehung zu setzen. Auf diese Weise wird Wahrnehmung auf mehreren Ebenen initiiert: die der plastischen Körper zueinander, des Betrachters im Verhältnis zur Plastik und – last, but not least – auch der Zwischenraum und der Umraum kann neu erfahren werden. Da der Besucher sich die Arbeit durch eigene Bewegung um die Teile herum und zwischendurch erwandert, werden immer wieder neue Sichtachsen und Aspekte sowohl der Landschaft als auch der Plastik selbst evoziert.

Diese komplexen Möglichkeiten sind das Echo -zu verstehen im weitergefassten Kontext vielleicht auch als Hinweis darauf, dass wir zu jeder Zeit an jedem Ort eingebunden sind in vielschichtige Beziehungsgeflechte, auf die wir bewusst oder unbewusst mit unserem persönlichen Echo reagieren.

Text von Birgit Knappe

Suspended - Elena Saracino

Material: Sandstein
Abmessungen: H 1,55 Meter, L 2,10 Meter, B 1,30 Meter
Standort: 67677 Enkenbach-Alsenborn
Geodaten: 49°29'35.9"N 7°53'48.1"E

Wie ein Fabelwesen steht die Skulptur da, ganz still und unbewegt. Obgleich sie einen mächtigen Leib hat und auf vier Beinen fest ruht, hat man den Eindruck, dass sie
wie ein zartes Waldwesen im nächsten Augenblick davon springen könnte. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass die organischen Formen sich hier mit geometrischen vermischt haben und zu einer Verbindung von abgerundet und eckig werden.

 Elena Saracino spricht in dem Zusammenhang von zwei verschieden wirkenden Kräften, die hier miteinander kombiniert werden. Das Ergebnis in Stein ist für die Künstlerin im wahrsten Sinne des Wortes angefüllt mit Lebendigkeit. 

Die Italienerin schafft neben der Bildhauerei auch häufig landschaftliche Environments. Dabei arbeitet sie an einer Integration des Werkes in seine Umgebung, unter anderem indem sie die Materialien der Umgegend für ihre künstlerischen Zwecke nutzt. Die Waldlandschaft, durch die sich große Strecken des Skulpturenwegs ziehen, hat Elena Saracino dazu bewogen, ihrer Skulptur Suspended ein vorrangig biomorphes Aussehen zu geben. 

Die Bildhauerin lebt in Carrara, weshalb auch der kleine Bozetto von Suspended in Marmor geschaffen ist. Die Umsetzung in Schweinstaler Sandstein bedeutet, dass sie ihre Bildidee dieses Mal in einer viel größeren Dimension ausführen kann. 

Text von Dr. Claudia Gross